Geschichte der Johanniskirche zu Rayen

                        (ausgearbeitet von Frank Bäumel)


                                             


Über die Jahrhunderte hinweg kam es immer wieder zu Konflikten zwischen der Bevölkerung Rayens und den Pfarrern der Neukirchener Dorfkirche. Rayen gehörte herrschaftlich zum katholischen Oberquartier Geldern, aber kirchlich zum protestantischen Neukirchen (Grafschaft Moers). So waren die Katholiken Rayens, an der Neukirchener Dorfkirche war 1580 die Reformation eingeführt worden, gezwungen sich von den jeweiligen evangelischen Pfarrern taufen, trauen und beerdigen zu lassen. Erst im Jahre 1790 wurden die katholischen Bewohner nach Kloster Kamp ungemeindet und erlangten 1835 die Selbstständigkeit. Die ehemalige Burgkapelle am Fuße des Eyller Berges wurde kath. Pfarrkirche. Die evangelische Bevölkerung verblieb bei Neukirchen, aber auch diese hatten in den Zeitläuften ihre Probleme mit der Muttergemeinde in Neukirchen. 

1835                                         

Es kam zwischen der Rayener Bevölkerung und der Neukirchener Kirchengemeinde zu Unstimmigkeiten, wegen der Ungleichbehandlung Rayens bei der Verteilung von Geldern aus der Armenkasse der Kirchengemeinde an die Bedürftigen Rayens. Diese Vorkommnisse verstärkten den Wunsch nach Selbstständigkeit in gemeindlichen Fragen und Belangen.

1881

Johann Neenrath vom Dickmannshof (Kirchengemeinde. Repelen, Bürgermeisterei Neukirchen) stiftete einen Geldbetrag von 6000 Mark.

1883

Heinrich Tersteegen von Neerathshof (Schwiegersohn des Joh. Neenrath) stiftete Bauland an Hängen des Rayer Berges zur Errichtung eines Friedhofes und einer Kirche. Auch wurde der zukünftige Name der Kirche bestimmt – Johanniskirche.

Es wurde ein Verein zur Gründung einer selbständigen evangelischen Kirchengemeinde Rayen“ gegründet. Der „neuen Kirchengemeinde“ wollten sich 116 Familien aus 5 Zivilgemeineden (Rayen, Neukirchen, Vluynbusch, Repelen und Rheurdt) bzw. 4 Kirchengemeinden (Neukirchen, Vluyn, Repelen und Hoerstgen) anschließen.

1888

Errichtung eines Friedhofes auf dem Stifterland und die Übergabe an die Zivilgemeinde Rheurdt.

18.06.1891

Es erfolgte die Grundsteinlegung für die Johanniskirche und in den folgenden 3 Jahren errichteten die Anhänger der neuen „selbstständigen ev. Kirchengemeinde zu Rayen“ in Eigenleistung einen schlichten Betraum  – ganz in reformierte Tradition.

18.12.1894

Festliche Einweihung der neuen Kirche.

1916

Die wertvollen Zinnprospektpfeifen der Orgel werden kriegsbedingt beschlagnahmt – tauchen aber 1918 im Vereinskassenbuch als verkauft auf.

1917

Der Verein zeichnete eine Kriegsanleihe von 5000 Mark.

1923

Durch die Inflation ging fast das ganze Vereinskapital verloren. In den folgenden Jahren wurde wieder ein neues Kapital durch regelmäßige Spenden und Haussammlungen aufgebaut.

1925

Die fehlenden Prospektpfeifen wurden durch stumme Zinkpfeifen ersetzt.

1928

Rayen wurde, nach 1000 jähriger Zugehörigkeit zur Gemeinde Rheurdt, auf betreiben des ersten NSDAP- Bürgermeisters (Neukirchen) im deutschen Reiche – Neumann -  nach Neukirchen ungemeindet.

08.05.1929

Grundsteinlegung für den Turm , nach den Plänen des Zechenbaumeisters Onnerts. Beim Bau der Kirche (ab 1891) war dem Kirchenschiff nur ein Turmstumpf (mit einer Höhe von 7 Metern) öhe von 7          cvorgesetzt worden. Im weiteren Bauverlauf wurde der Turm auf eine Höhe von 18,4 m aufgestockt. Im Obergeschoss des Turmes zitiert Zechenbaumeister Onnerts  die achteckige Form der Kanzel im Kircheninneren. Die 8,3 m Hohe Turmhaube wurde mit einem schmiedeeisernen Kreuz und einem Petrushahn bekrönt.

06.10.1929

Nach dem Erntedankgottesdienst wurde der neue Kirchturm feierlich eingeweiht und eine Urkunde über die Grundsteinlegung  im Turm eingemauert. „… Der Kostenanschlag sieht eine Summe von 9000 Mk. vor, ohne Geläut und Uhrwerk. Der Bau wurde nur dadurch möglich, dass die Steinkohlen-Bergwerks-Aktiengesellschaft „Friedrich Heinrich“…in Verbindung mit der Gewerkschaft „Norddeutschland“ in Köln…in  hochherziger Weise Baumaterialien im Wert von 5000 Mark dem Kirchenvorstand schenkte“ - aus der Urkunde der Grundsteinlegung.

06.09.1931

Mit einem großen Festumzug wurden die beiden Glocken und der Glockenstuhl von Moers über Neukirchen nach Rayen eingeholt. Die Finanzierung der Glocken wurde nicht nur von den Raynern gestemmt, sondern durch Kollektensammlung  in den umliegenden Kirchengemeinden des Kirchenkreises mitfinanziert. Die Glocken wurden in Bochum beim „Bochumer Verein“ gegossen. Die große Dis-Glocke erhielt den Spruch: Ein feste Burg ist unser Gott und die kleine Fis-Glocke den Spruch: O Land, Land, Land höre des Herrn Wort (Jerem. 22, 29)

ab 1937

Abbau des Flözes Mathilde unter der Kirche – es entstanden die ersten Bergschäden am Gebäude.

1943 - 1945

Bombenschäden – es schlugen Brandbomben durch das Dach und die Decke des Kirchenschiffes und verursachten ein Feuer, das aber durch schnelles eingreifen von Fritz Gawinn jun. gelöscht werden konnte. Im weiteren Kriegsverlauf, als das Kampfgeschehen am Boden (3.März 1945) auch Rayen  erreichte, erlitt das Gotteshaus durch Artilleriebeschuss weitere Schäden.

1949

Erste große Sanierung der Bergschäden am Kirchengebäude – in deren Zuge auch die Kriegsschäden mit beseitigt wurden.

1964

Es wurde wieder eine große Instandsetzung aufgrund der Bewegung im Berg und im Gebäude nötig. Man zog eine Wand mit einem Glasbausteinmosaik hoch, um den Chorraum vom Hauptschiff abzutrennen. Der neu geschaffene Raum diente in den folgenden zwei Jahrzehnten als Unterrichts- und Versammlungsraum. Die schadhafte originale Pliesterdecke wurde mit einer neuen Decke aus Heraklitplatten von unten verkleidet.

1969 – 1971

Rissbildung an den Fundamenten und den Wänden des Chorraumes.

1971

Die Bodensenkungen im Bereich des Chorraumes waren so gravierend, dass ein Abriss desselben unumgänglich wurde.

Die Sakristei – wie der Raum allgemein bezeichnet wurde, wurde in seiner ursprünglichen Form wieder aufgebaut und auch die historischen gusseisernen Maßwerkfenster wurden wieder eingesetzt.

1971

Der Kirchverein erhielt von der Witwe Käthe Kreymann ein Geldspende von 9000,- DM, von diesem Geld wurde die, leider stilistisch unpassende, Turmuhr angeschafft.

1971 – 1974

In den folgenden Jahren senkten sich das Hauptschiff und der Turm ab und verkannten sich.

1975 - 1976

Weitere Bergsenkungen, die durch den Abbau des Flözes Präsident  Unterbank verursacht wurden, führten dazu, dass sich der Turm etwas drehte und sich gegen das Kirchenschiff lehnt. Giebelwand und Dach wurden gestaucht. Der Zugang durch den Haupteingang (Turm) musste gesperrt werden. Das Kircheninnere wurde durch eine Holzwand, die vor der Empore hochgezogen wurde, gegen die Baustelle hin abgeschirmt. Der südliche Teil der Giebelwand mit dem ersten Fenster des Kirchenschiffes mussten abgetragen werden. Um 60 cm eingerückt wurde eine neue Wand aus Stahlbeton gegossen und mit Ziegeln verblendet. Daraus ergab sich auch die Nötigkeit das Dach des Hauptschiffs einzukürzen.

1975

Letzte Mitgliederversammlung (25.06.) des Kirchvereins. Am 31.08. wird die Auflösung des Vereins beschlossen – das Vereinsvermögen sowie die Johanniskirche werden der ev. Kirchengemeinde Neukirchen übereignet.

1976

Im Oktober musste die Turmuhr abgestellt werden und zum Jahresende wurde das Läuten der Glocken untersagt.

1977

Zu Beginn des Jahres mussten die Glocken aus dem Turm herabgelassen werden – diese wurden im Kircheninneren eingelagert. Erstmals wurde auch der Abriss des Kirchengebäudes und des Turmes in Erwägung gezogen. Der Landeskonsevator forderte hingegen die Erhaltung von Kirche und Turm – ohne weitere flankierende Maßnahmen zu ergreifen.

1977 – 1980

Verhandlungen zwischen Gemeinde, RAG, Landeskirchenamt und Denkmalschutz führten in diesen Jahren zu einigen Verwicklungen, die mit der Festlegung des Landeskonservators, dass nur eine Restaurierung für Kirche und Turm in Frage komme endete.

06.07.1981

Die Johanniskirche wird unter Denkmalschutz gestellt – aus der Denkmalsurkunde:

„Die Ev. Johanniskirche Rayen in Neukirche – Vluyn ist ein Backsteinbau mit gusseisernen Maßwerkfenstern, der zu den für den Niederrhein charakteristischen neugotischen Kirchen gehört. Sehr bemerkenswert und dem älteren Kirchenschiff (1894) zu einer Einheit zusammengeschlossen ist auch der Turm…“

1981

Im Laufe des Sommers wurde das Dach der Kirche saniert und auch der nördliche Teil der Giebelwand abgelöst und erneuert. Am 30.11. und 01.12. wurde der Kirchturm mittels Hydraulik wieder in seine ursprüngliche  Position aufgerichtet.

1982

Nach rund fünf Jahren konnten zu Beginn des Jahres die Glocken wieder an ihren alten Platz in der Glockenstube des Kirchturmes aufgehängt werden. Über den Sommer hinweg wurde das Dach des Kirchenschiffes mit Naturschiefer neu eingedeckt – so verschwanden die Metalldachpfannen mit denen das Dach in der Nachkriegszeit repariert wurde. Mit einem Festgottesdienst am 05.09. wurde die Beendigung der Bautätigkeiten und  Erhalt der Kirche gefeiert.

1983

Nach nunmehr fast 90 Jahren wird der erste Pfarrer, Manfred Mielke, an die Johanniskirche berufen, der ausschließlich dort seinen Predigtdienst verrichten sollte. Pfarrer Mielke verrichtete seinen Dienst erst als Hilfsprediger und denn als Pfarrer bis 2005. Im Sommer dieses Jahres wurde mit der Errichtung der Arche – dem Gemeindehaus, begonnen.

17.06.1984

Das neue Gemeindehaus wurde feierlich in Betrieb genommen. In seinen Ausmaßen eher etwas zu knapp bemessen, dient das Gebäude in den kommenden Jahrzehnten vielen gemeindlichen, aber auch privaten Veranstaltungen. Der kleine „Vorhof“ der Arche zitierte,  wie seiner Zeit das Obergeschoss des Turmes, die Achteckform der Kanzel. Nach so langer Zeit ging auch einer der letzten Wünsche der Stiftergeneration in Erfüllung. Nach  eigenem Friedhof, eigener Kirche und eigenem Pfarrer stand nun auch das eigene Gemeindhaus zur Verfügung.

1986

Einweihung eines Spielplatzes zwischen Friedhofsmauer und Kirche.

1990

Es wird nötig die Nordmauer und deren Fundament gegen aufsteigende Nässe zu sichern. Im Zuge dieser Maßnahmen  wurde auch die Decke überprüft, weil sich an der südlichen Mauer die Kannten der Decke nach unten wölbten.

1991

Im Sommer wurden die Bänke der Johanniskirche ausgelagert. Zehn Freiwillige der ungarischen Partnergemeinde rissen nicht nur die Heraklitdecke heraus, sondern auch die Pliesterdecke von 1894. Es wurde eine neue Decke eingezogen, die im Aussehen der ersten Decke von 1894 glich und gleichzeitig wurde ein neues Lichtsystem installiert. 

1993 -1994

Am Mauerwerk des Turmes (Steine brachen aus der Fassade heraus) und am Gebälk der Turmhaube werden gravierende Schäden entdeckt. Eine Umfassende Sanierung des Turmes war unumgänglich geworden. Schadhafte Hölzer wurden ersetzt und die Haube wurde neu mit Schiefer eingedeckt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Petrushahn repariert, ihm wurden die im Laufe der Jahrzehnte eingebüßten Schwanzfedern ersetzt.

1994

Es wurde zum zweiten Male in der Geschichte der Johanniskirche ein Förderverein gegründet, der zur Schließung von Finanzierungslücken bei bes. Projekten und Förderung des gemeindlichen Lebens Gelder sammelt.

1994

Im Rahmen einer Festwoche wird das 100 jährige Jubiläum der Johanniskirche begangen und im Zuge dieser auch eine neu digitale Orgel in Dienst gestellt. Die erste Orgel der Firma Walker aus Ludwigsburg war in zweiundachtzig Jahren Dienstbarkeit Opfer von Holzwurm, Heizungsluft und mannigfachen Reparaturen geworden. Von ihr ist nur noch der Prospekt  mit den Metallpfeifen auf der Empore erhalten. Die ursprünglichen Holzpfeifen wurden, wegen ihrer Wurmstichigkeit, zersägt und verheizt. Die zweite Orgel war eine elektrische Orgel der Firma Dr. Böhm und wurde 1976 „in Dienst“ gestellt. Die Töne, die ihr zu entlocken waren, entsprachen nicht im Mindesten den gottesdienstlichen Erfordernissen. Dieser Umstand führte 1986 dazu, dass ein gebrauchtes Orgelpositiv aus dem Jahre 1954 – ebenfalls, wie das erste Instrument, von der Firma Walker, angeschafft wurde. Aber auch diesem etwas schmalbrüstigen Instrument setzte die Heizungsluft zu und ließen die Träume von einer großen Pfeifenorgel vergehen und so wurde oben erwähntes Instrument angeschafft. Alleine 60 Jahre oder 27 Pfarrer von 1928 – 1986, der nun mehr fast 120 jährigen Geschichte der Johanniskirche wurden die verschiedenen Instrumente von Frau Elisabeth Brauns, geb. Hohl, verw. Hetzel  gespielt. Diese erhielt für ihre Dienste nicht nur eine Verdienstmedaille des Kirchenkreises Moers, sondern wurde auch mit dem Bundesverdienstkreuz bedacht.

1999 – 2004

Letzte Abbaustufe von Steinkohle unter der Johanniskirche.

2002

Durch Bergsenkung wurde die Kirche erneut schwer in Mitleidenschaft gezogen. Aufwendige Sicherungsmaßnahmen am Fundament und dem Kirchengebäude (außen sichtbar) wurden nötig.

2012

Im Rahmen des „Internationalen Jahr der Genossenschaften“ wurde der Spielplatz an der Kirche, mit finanzieller und der tatkräftigen Unterstützung von Mitarbeitern der Volksbank Niederrhein e. G., saniert.

Quellen:

·        „Der geflickte Hahn“, Manfred Mielke, 1994

·       Neukirchen-Vluyn seine Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, Peter Caumanns 1968

·        Website der Ev. Kirche Neukirchen, Gemeindegeschichte

·        Website der Volksbank Niederrhein





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